Strenge Rügepflicht gegen schiedsgerichtliche Zuständigkeitsentscheide

von Dr. iur. HSG Christian Alexander Meyer, licencié spécial en droit européen ULB; Rechtsanwalt und Schiedsrichter

Schiedsklausel klar formulieren

Besonders bei der Wahl einen Streit durch ein Schiedsgericht statt durch staatliche Gerichte entscheiden zu lassen, ist Sorgfalt geboten. Die Parteien müssen ihre Absicht klar bekunden und schriftlich festhalten. Abzuraten ist besonders davon, irgendwelche im Internet gelesene Schidesklauseln unbesehen zu übernehmen.

Das Bundesgericht hat diesen Punkt in einem Entscheid vom 18. Mai 2020 erneut deutlich gemacht und seine langjährige Rechtsprechung dazu untermauert.

Im angefochtenen Entscheid hat das Schiedsgericht keinen übereinstimmenden Parteiwillen für die umstrittene Schiedsabrede erkannt und seine Zuständigkeit abgelehnt (E 3.1 a. E.). Dagegen haben die Beschwerdeführerinnen vor Bundesgericht mittels Beschwerde gerügt, ob sich das Schiedsgericht zu Unrecht für unzuständig erklärte, sei nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht frei zu prüfen. Der staatliche Richter habe nach dem klaren Willen des Gesetzgebers die Zuständigkeitsfrage gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG „umfassend zu prüfen“ bzw. „en dernier ressort“ und im zu beurteilenden Fall sei eine appellatorische Kritik an den Erwägungen des Schiedsgerichts zulässig (E 3.2.3).

Rügepflicht

Das Bundesgericht entgegnete: Es lasse sich „aus dem Wortlaut von Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG ( „Der Entscheid kann nur angefochten werden […] wenn sich das Schiedsgericht zu Unrecht für zuständig oder unzuständig erklärt hat“) nicht ableiten, dass ein schiedsgerichtlicher Zuständigkeitsentscheid in tatsächlicher Hinsicht frei überprüft werden könnte.“ Weiter schreibt es, die Bindung des Bundesgerichts an den im angefochtenen Entscheid festgestellten Sachverhalt ergebe sich auch im Rahmen der Schiedsbeschwerde aus dem Gesetz und eine sonst vorgesehene Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellung sei im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit von Gesetzes wegen ausgeschlossen (E 3.2.3).

Das Bundesgericht hat im jüngsten Entscheid erneut abgelehnt, die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts frei zu überprüfen bezüglich der Zuständigkeitsfrage. Eine solche Überprüfung im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren komme einzig insoweit in Frage, als gegen die Sachverhaltsfeststellungen im schiedsgerichtlichen Zuständigkeitsentscheid Rügen nach Art. 190 Abs. 2 IPRG erhoben oder ausnahmsweise Noven berücksichtigt würden. Derartige Rügen gegen die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Schiedsentscheid fehlten.

Das Bundesgericht hat seine bisherige ständige Rechtsprechung bekräftigt. Hat das Schiedsgericht mit Blick auf eine Schiedsklausel den Sachverhalt erkannt, und seine Zuständigkeit mangels Konsens zur Schiedsabrede abgelehnt, kann dieses Erkenntnis nur erfolgreich angefochten werden, wenn gleichzeitig ein Anfechtungsgrund gemäss Art. 190 Abs. 2 IPRG gerügt wird und dieser begründet ist.

Empfehlung

Gelingt es den Parteien nicht, ein Schiedsgericht von ihrem übereinstimmenden Willen anhand eines möglichst klaren Wortlautes vom Bestehen einer Schiedsabrede zu überzeugen, hat auch das Bundesgericht keinen Anlass diesen Mangel zu heilen. Deshalb sind die Schiedsvereinbarung mit der gehörigen Sorgfalt zu formulieren, damit sie anschliessend auch durchgesetzt werden können.

Wir beraten und begleiten Sie gerne, falls Sie Fragen zur Schiedsgerichtsbarkeit oder zum Prozessrecht haben. Wir sind dafür da, dass Sie Ihr Recht bekommen.

Dr. Christian Alexander Meyer