Exportkontrollen- und Sanktionen-Compliance

Am 29. Januar 2019 hat Stefano Caldoro erneut ein Referat über „Exportkontrollen- und Sanktionen-Compliance“ für das Zertifikat-Programm Compliance Management (CM-HSG) an der Executive School of Management, Technology and Law (ES-HSG) der Universität St. Gallen gehalten.

Unternehmer, Verwaltungsrat, Geschäftsführer und Compliance Officer sind für die Einhaltung der Exportkontrollen und der Sanktionen (Trade Compliance) verantwortlich. Mit langjähriger Erfahrung in diesem Bereich (sowohl als externer Berater als auch als ehemaliger innerbetrieblicher Compliance Officer) berät Stefano Caldoro die Unternehmen und unterstützt sie der Entwicklung und Umsetzung eines massgeschneiderten und wirksamen ICP.

Präsentation (Link) und Zusammenfassung:

Die Schweizer Unternehmen unterstehen diversen Anforderungen aus den Exportkontroll- und Sanktionsgesetzgebungen. Diese beinhalten Einschränkungen des Handels von gewissen Gütern und Dienstleistungen aus sicherheits- und aussenpolitischen Gründen. Damit werden drei Ziele verfolgt: (i) die Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, (ii) die Verhinderung der unkontrollierten Verbreitung konventioneller Rüstungsgüter und die Handelsregulierung von Gütern, die sowohl der zivilen als auch der militärischen Nutzung dienen, sowie (iii) die Verhinderung von Terrorismus und anderen völkerrechtswidrigen Verhalten durch Handelsrestriktionen.

Gegenstand der Exportkontrollnormen sind die Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr und Vermittlung von bestimmten Gütern (Waren, Technologien, Software), wobei nicht nur die physische Lieferung, sondern auch der immaterielle Transfer von Informationen (z.B. Zeichnungen, die per E-Mail oder Download oder in einem Laptop ins Ausland gebracht werden) miterfasst ist. Grundsätzlich handelt es sich um Güter oder Güterkategorien, die in bestimmten Exportkontrollgüterlisten aufgeführt sind. Güter, die nicht erfasst sind, können trotzdem exportkontrolliert sein, wenn der Exporteur weiss oder aufgrund der Umstände Grund zur Annahme haben muss, dass solche Güter für exportkontrollrechtlich verbotene Zwecke verwendet werden (z.B. nicht gelistete Maschinen, die in einer Biowaffenfabrik verwendet werden). Im Schweizer Recht sind Bewilligungs- und Meldepflichten sowie Überwachungsmassnahmen vorgesehen. Massgebend ist in aller Regel das Recht des Staates, aus dem ein Gut ausgeführt wird; bei Verwendung von US-amerikanischen Gütern (Produkte, Komponenten usw.) kann aber dazu auch das US-Wiederexportkontrollrecht anwendbar sein. Der „Exporteur“ ist derjenige, der die Verantwortung für die Ausfuhr der entsprechenden Güter trägt: Der Hersteller bzw. der Händler, der im Zeitpunkt der Ausfuhr Eigentum und Verfügungsmacht am Ausfuhrgut hat, gilt als Hauptverantwortlicher und Haupttäter, während die Dienstleister (Spediteur, Frachtführer, Zolldeklarant, Versicherungen und Banken) als Gehilfe in Betracht kommen, wenn sie damit (mindestens eventualvorsätzlich) in untergeordneter Stellung die vorsätzliche Straftat fördern.

Die internationalen Sanktionen werden in der Regel im Zusammenhang mit sicherheits- und aussenpolitischen Sorgen mit bestimmten Personen, mit Geschäftsbereichen in einem Staat oder mit bestimmten Staaten erlassen. Grundsätzlich kommen folgende Instrumente zum Einsatz: Einfrieren von Geldern und anderen Vermögenswerten, Transaktionsverbote, Investitionsbeschränkungen, Bewilligungs- und Meldepflichten, Restriktionen des Handels mit bestimmten Gütern oder Dienstleistungen, Reiserestriktionen, diplomatische Einschränkungen. Insbesondere ist die direkte oder indirekte Zurverfügungstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen an bestimmte sanktionierte Personen und Organisationen betroffen. Massgebend sind nicht nur die Vorschriften des schweizerischen Rechts, sondern auch ausländische Rechtsordnungen, die eine extraterritoriale Wirkung haben (z.B. Anwendbarkeit von Sanktionen eines Drittstaates auf einen ausländischen Mitarbeiter aufgrund des Personalitätsprinzips).

Widerhandlungen gegen die Exportkontrollnormen oder die Sanktionen können gravierende persönliche und wirtschaftliche Folgen für Unternehmen und Mitarbeiter haben. Sie werden als Straftat verfolgt. Dem fehlbaren Unternehmen können ferner die Exportkontrollprivilegien entzogen werden (z.B. Widerruf von Bewilligungen). Finanzmitteln und wirtschaftliche Ressourcen (wie auch der Kaufpreis aus einem Exportgeschäft) können eingefroren, beschlagnahmt oder eingezogen werden. Darüber hinaus kann der Reputationsschaden die Geschäftsfähigkeit oder sogar die Existenz des Unternehmens gefährden, da Lieferanten, Kunden, Banken und andere Partner vom Unternehmen Abstand nehmen werden.

Für Unternehmen stellt die Beachtung der einschlägigen zunehmenden Normen und Anforderungen unterschiedlicher Jurisdiktionen eine grosse Herausforderung dar. Die Entwicklung und die Umsetzung eines handelskontrollrechtlichen Compliance-Management-Systems (genannt „Internal Control Program“ oder „ICP“) sind unumgänglich: damit sollen Gesetzesverstösse durch die präventive Einsetzung geeigneter organisatorischen Massnahmen vermieden werden. Nach Schweizer Recht ist der Nachweis einer solchen zuverlässigen firmeninternen Kontrolle der Einhaltung der Exportkontrollvorschriften eine Voraussetzung für die Erteilung einer Exportbewilligung. Ein wirksames ICP muss grundsätzlich folgende Kriterien erfüllen: (i) Bekenntnis der Unternehmensleitung zur „Trade Compliance“, (ii) fortlaufende Risikoanalyse (Identifizierung und Bewertung aufgrund der Art der Güter, Geschäftsaktivitäten, Kunden, Gebiete, Vertriebsmethoden, Grösse, Struktur, Organisation des Unternehmens usw.), (iii) Organisation und Verantwortungen, (iv) ausreichende personelle, technische und finanzielle Mittel, (v) Errichtung von Prozessen (z.B. betr. Güterklassifizierung, Ausfuhr, Lizenzen, Interaktionen unter Abteilungen und mit Behörden, Due Diligence- und Screening-Prozesse, Berichterstattung und Entscheidungsverfahren), (vi) Dokumentation, (vii) Schulungen und Sensibilisierung, (viii) prozess- und systembezogene Kontrollen, (ix) Korrekturmassnahmen.

Stefano Caldoro